08. November 2018 · Kommentare deaktiviert für Literatur ermöglicht Wendepunkt in seinem Leben · Kategorien: Pressespiegel

Mannheimer Box-Legende Charly Graf zu Gast an der Werkrealschule Unterer Neckar / Am Montag kommen Adler
„Hast Du Vertrauen zu mir?“, fragt Charles „Charly“ Graf den vor ihm stehenden Zehntklässler. „Ja, klar, Herr Graf“, antwortet Sascha respektvoll und lässt sich auf Kommando der Länge nach rückwärts fallen. Eine lebende Boxsportlegende fängt den Jugendlichen auf. Hinter ihm steht der frühere Meister im Deutschen Profiboxen aus Mannheim. Er gibt eine Übungsstunde in der städtischen Turnhalle. Mit bald 67 Jahren ist Graf immer noch eine imposante Erscheinung: Das ärmellose Jeanshemd legt muskulöse Oberarme frei. Wie sensibel er innerlich veranlagt ist, offenbart Graf gestern in Ladenburg aber ebenso.

Am ersten von zwei Gasttagen an der Werkrealschule Unterer Neckar (WUN) lernen die beiden Abschlussklassen zunächst den Mann kennen, der nach einer schwierigen Kindheit als unehelicher Sohn eines afroamerikanischen US-Soldaten in der „Barracken“-Siedlung im Stadtteil Waldhof zum kommenden Star am Boxsporthimmel wurde – und abstürzte. In der Schulmensa läuft nämlich die preisgekrönte Fernsehdokumentation „Ein deutscher Boxer“. Graf äußert sich darin ungeschminkt über sein früheres Leben. „Ich war so voller Hass, wütend auf mich selbst und andere“, sagt er. Als Riesentalent im Ring wird er nach spektakulären Siegen gefeiert. Doch er gerät auf die schiefe Bahn. Ausgerechnet im Gefängnis findet Graf durch den bald freundschaftlichen Kontakt zum ehemaligen Terroristen Peter-Jürgen Boock zur Literatur.

Zu seinen Ängsten bekennen

„Über das Lesen ist es mir gelungen, meine Handlungen innerhalb des Rotlichtmilieus in Frage zu stellen“, erklärt Graf den Wendepunkt seines Lebens. Er holt sich, noch als Gefangener, 1984 den Deutschen Meistertitel. Nach seiner Entlassung engagiert er sich sozial – auch als städtischer Angestellter. „Ich will den Schülern zeigen, dass gewalttätige Menschen, wie ich einer war, eigentlich Feiglinge sind und Gewalt nur etwas für Idioten ist“, erklärt Graf, der in Mannheim-Neckarstadt wohnt, im Gespräch. Besser sei es, sich zu seinen Ängsten zu bekennen, als diese durch Gewalt zu kompensieren. Für WUN-Rektor Thomas Schneider geht es bei diesem Projekt vor allem um die „Förderung sozialer und personaler Kompetenzen“ wie unter anderem Konfliktfähigkeit, Fairness, Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz. Dazu passe auch, dass am Montag Eishockeyprofis der Adler Mannheim die WUN besuchen.

„Ich fand den Besuch von Charly Graf sehr gut und würde die Filmdokumentation über ihn auch Freunden empfehlen“, sagt Felix Groh (Schriesheim), Klassensprecher der Klasse 10b. „Er wirkt sympathisch und sehr offen. Mir gefällt, dass jemand aus solchen Verhältnissen zeigt, dass man aus seinem Leben etwas machen kann“, findet die ebenfalls 16-jährige Amira Loussaief (Neckarhausen) als Sprecherin der 10a. Für sie kann auch das Thema Gewaltvorbeugung an der Schule nicht groß genug geschrieben werden. „Da sehen wir uns gut aufgestellt“, sagt Schulleiter Schneider. (Quelle Text: Peter Jaschke, Mannheimer Morgen; Quelle Bilder: WRS Unterer Neckar, Online-Redaktion)

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